16.03.2011 |
Urteil zum Kündigungsschutz von grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmern in der EU.
Mit seinem Urteil (C-29/10) vom 15.03.2011 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Rechte von Arbeitnehmern, die in mehreren Staaten der EU tätig sind, gestärkt.
Im betreffenden Verfahren ging es um die Kündigung eines Kraftfahrers durch ein Transportunternehmen. Dieser hatte einen Arbeitsvertrag, als Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr, in Luxemburg unterzeichnet. Sein Wohnsitz befindet sich jedoch in Osnabrück (Deutschland). Der Arbeitsvertrag enthält eine Klausel, durch die den luxemburgischen Gerichten die ausschließliche Zuständigkeit bei Rechtsstreitigkeiten (Gerichtsort) zugewiesen wird. Der Fahrer war zudem Ersatzmitglied im Betriebsrat des Unternehmens.
Das Transportunternehmen befördert Blumen und anderen Pflanzen von Odense (Dänemark) zu Bestimmungsorten in ganz Europa, aber vor allem nach Deutschland. In Luxemburg befindet sich eine Niederlassung des Unternehmens. Die dafür verwendeten Lastwagen haben ihre Abstellplätze in Deutschland, u.a. in Kassel und Osnabrück. In Deutschland verfügt das Unternehmen weder über einen Gesellschaftssitz noch über eigene Geschäftsräume.
Nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch das Unternehmen strengte der Kraftfahrer eine Schadensersatz-Klage an. Dabei berief er sich auf den Kündigungsschutz für Ersatzmitglieder des Betriebsrates nach deutschem Recht. Ein deutsches Gericht erklärte sich hier allerdings für nicht zuständig. Ein luxemburgisches Gericht entschied, dass der deutsche Kündigungsschutz im Großherzogtum nicht gelte.
Die Frage, welches Recht nun Geltung habe, wurde schließlich dem EuGH vorgelegt. Dieser entschied, dass das Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer „seine berufliche Tätigkeit ausübt", Anwendung findet, und nicht das Recht des Staates, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
Entscheidend ist hierbei der Staat, in dem der Arbeitnehmer „gewöhnlich seine Arbeit verrichtet". Das ist laut Urteil des EuGH derjenige, „(...) in dem oder von dem aus er (...) seine Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber im Wesentlichen erfüllt."
Im vorliegenden Fall war deshalb entscheidend, in welchem EU-Staat sich der Ort befindet, von dem aus die Transportfahrten durchgeführt und an dem Anweisungen zu diesen Fahrten gegeben werden. Darüber hinaus wurde geprüft, wo die Arbeit organisiert wird und an welchem Ort sich die Arbeitsmittel befinden. Es musste auch bedacht werden, an welche Orte die Waren hauptsächlich transportiert werden, wo sie entladen werden und wohin der Arbeitnehmer nach seinen Fahrten zurückkehrt.
Da der Schwerpunkt der Arbeit des Kraftfahrers in Deutschland lag und er auch dort seinen Wohnsitz hat, kann ihm, durch die Festlegung des Gerichtsorts Luxemburg, nicht der Rechtsschutz entzogen werden, der ihm durch deutsches Recht gegeben ist.